20 Frankreich – Zurück in Europa


Noch bin ich in Afrika, noch… aber die Tage sind schon fast gezählt. Noch einmal gehe ich in die Straßen und versuche alles zu speichern was ich sehe, rieche und fühle. Ich kann mir noch nicht vorstellen, dass ich schon bald in Paris sein werde.

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„Gleichheit – Verantwortung – Demokratie“ Das Apartheidsmuseum regt zum Nachdenken an.

Am Nachmittag gehe ich noch ins Apartheid Museum und es stimmt mich sehr traurig und nachdenklich. Bis in die frühen 90er waren Schwarze und Weiße in der Öffentlichkeit komplett getrennt. Eigene Busse, Eingänge, Toiletten, Parkbänke, alles, wirklich alles. Traurig was passieren kann, wenn man die Menschen in Gruppen teilt, die Gesellschaft spaltet und alles unter dem Vorwand, die Menschen zu schützen, um die „eigene“ Nation zu stärken. Man kann wirklich nur hoffen, dass wir aus dieser Vergangenheit lernen und alles tun, um dies in Zukunft zu verhindern!

Ich hole mir für den letzten Abend noch ein Take-away. Chicken-stew mit Pap und ein Black Label Bier, quasi das Nationalgericht. Nachdem ich am Nachmittag noch eine große Box für mein Rad finden konnte, geht’s jetzt ans zerlegen und einpacken. Reifen ausbauen, Lenker querstellen, Sattel raus, Pedale ab, Gepäcksträger runter und schon verschwindet mein Baby (ja, so wurde mein Rad bei meiner Abreise getauft) in den Karton. Noch Zelt, Schlafsack, Töpfe und Kocher dazu und dann mit geschätzten 50m Klebeband verschließen und schon wartet das Taxi Richtung Flughafen. Das einchecken geht schnell und problemlos und ich sitze im Flieger nach Europa.

Good bye Africa!

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Das Rad ist zerlegt und bereit für den Flug




Meine Nervosität steigt von Minute zu Minute und ich fühle mich fast wie vor meiner Diplomprüfung. Bald werde ich meine Mama und meinen Papa wieder in die Arme schließen können. Eineinhalb Jahre ist es nun her, dass ich meine Mama das letzte Mal gesehen habe und vor 8 Monate hab ich meinen Papa das letzte Mal in Kirgisistan gesehen. Dementsprechend aufgeregt steige ich in Paris aus dem Flugzeug. Meine Eltern werden zur gleichen Zeit ankommen und ich hoffe, dass wir uns auch bald finden. Einige Zeit muss ich noch auf mein Rad warten, bis ich endlich aus der Gepäckshalle spaziere. Und dann sehe ich meine Eltern, ein unglaublich schönes Gefühl. Von einigen Tränen begleitet schließen wir uns in die Arme.

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Emotionales Wiedersehen am Flughafen in Paris

Die nächsten Tage verbringen wir gemeinsam in Paris mit ein bisschen Kultur, aber vor allem mit viel Tratschen und gutem Essen. Schließlich haben wir einiges aufzuholen und viele Geschichten müssen noch erzählt werden. Wie im Flug vergehen die gemeinsamen vier Tage und es ist wieder Zeit „Tschüss“ zu sagen. Meine Eltern fliegen heim und ich werde die letzten 1000km gemütlich heimradeln. Aber der Abschied fällt nicht so schwer wie beim letzten Mal, schließlich werden wir uns schon in drei Wochen wieder sehen.

Danke Mama und Papa für den schönen Besuch!

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Wir genießen die gemeinsame Zeit

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Die Ruhe nach dem Sturm

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Am Feldweg gehts zwischen Kanal und Rapsfeldern dahin

Ich fahre immer am Kanal entlang und bald bin ich aus Paris draußen. Ich bin von so vielen Dingen beeindruckt, die ich zuvor mit Sicherheit gar nicht bemerkt hätte. Es liegt kein Müll herum, asphaltierte Radwege die perfekt beschildert sind, grüne Felder und Wälder. Alte Kirchen, die Privathäuser sind nicht von einem meterhohen Zaun umgeben. Auf den Mauern sind keine Hochspannungskabel, um Eindringlinge abzuwehren. Keine Hochsicherheitstore auf denen ein Schild mit einem Gewehr ist, mit der Aufschrift „ do not entry – armed response“. Und vor allem gibt es Wasser. So viele Flüsse, Bäche und in fast jedem Dorf gibt es einen Brunnen. Auf meiner Reise wurde mir bewusst, wie glücklich wir uns in Europa schätzen können. Bis zu 16L Wasser musste ich einmal in der Wüste transportieren, um 2 Tage überleben zu können. Nicht umsonst sehen viele Menschen Europa als das Paradies, und darin den Schlüssel zu einem besseren Leben.

Leider kommt nach kurzer Zeit nicht nur das Wasser von unten, sondern auch von oben. Es schüttet in Strömen und ich möchte so schnell wie möglich nach Straßburg. Elke, meine ehemalige Mitbewohnerin wohnt in Straßburg und lockt mich erfolgreich mit einem Dach über dem Kopf und einem guten Essen. An diesem Tag sitze ich 10 Stunden im Sattel und mache nur eine Stunde Mittagspause, zu kalt wird es wenn ich stehenbleibe und nach 180km an diesem Tag komme ich völlig durchnässt in Straßburg an.

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Elke empfängt mich in Straßburg




Gut erholt werde ich morgen die allerletzte Etappe meine großen Reise in Angriff nehmen. Einen kurzen Abstecher geht es noch in die Schweiz, bevor ich in knapp 2 Wochen zu Hause einradeln werde. Die Spannung steigt!